ddp-Meldung vom 21. Oktober 2004 (Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung) Unliebsame Pressefreiheit – Zugang zu staatlichen Informationen in vielen europäischen Ländern behindert Frankfurt (Oder) (ddp). Die Pressefreiheit und der Zugang von Medien und Bürgern zu staatlichen Informationen sind in vielen europäischen Ländern eingeschränkt. In zahlreichen Staaten gibt es große Diskrepanzen zwischen Gesetzgebung und Realität, in einigen sogar Repressalien gegen kritische Journalisten. Das äußerten Vertreter aus zahlreichen europäischen Ländern auf den 3. Frankfurter Medienrechtstagen, die am Freitagabend an der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) zu Ende gingen. Besonders restriktiv sei die Lage in Weißrussland, Moldawien und Turkmenistan, sagte der Sprecher von „Reporter ohne Grenzen“, Dietrich Schlegel. Dort gebe es praktisch keine Medienfreiheit, und die persönliche Situation investigativer Journalisten sei „sehr risikoreich“. Gerichte verhängten teils drakonische Strafen. Auch in den meisten anderen Ländern Osteuropas werde die Pressefreiheit oft nur „als unliebsames Beiprodukt des Transformationsprozesses“ betrachtet. Die Fernsehsender unterstünden noch immer dem Staat. Und selbst in EU-Anwärter-Ländern wie Bulgarien oder Kroatien hätten Journalisten trotz gesetzlicher Garantien Schwierigkeiten, bei Regierungsstellen und Behörden Informationen zu erhalten. Überall in Ost- und Südosteuropa würden Reporter massiv aus der kriminellen Szene bedroht, sagte Schlegel weiter. Ein Vordringen in Mafia-Strukturen sei lebensgefährlich. In allen Ländern der Region gebe es zudem Gesetze zum Schutz gegen „Verleumdung“, deren Sinn pervertiert werde. Jeder Politiker, aber auch jeder Gangsterboss könne sich mit Hilfe dieser Gesetze gegen Enthüllungen und Kritik der Presse zur Wehr setzen und bekomme in der Regel auch noch Recht. Journalisten und Verleger erhielten dagegen hohe Geldstrafen oder müssten ins Gefängnis. Es gebe hunderte solcher Fälle, die im Westen aber kaum Beachtung fänden. In Weißrussland seien drei Reporter gar zu Arbeitslager verurteilt worden. Die von den Gerichten verhängten Bußgelder können Zeitungen in den Ruin führen, sagte auch Christian Möller vom Büro für die Freiheit der Medien bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Diese Bedrohung könne zur Selbstzensur in den Redaktionen führen. Möller sieht zudem in einer Reihe europäischer Länder die Anwendung der Medienrechtsgesetze als problematisch an, weil der Staat Einschränkungen sehr willkürlich nutze. So würden Informationen an Journalisten etwa unter Hinweis auf den Geheimnisschutz verwehrt. Das gelte nicht nur für den Osten des Kontinents, sondern auch für westeuropäische Staaten, sagte der Berliner Medienanwalt und Viadrina-Lehrbeauftragte Johannes Weberling. Er verwies darauf, dass es in Österreich kein Anspruchsrecht der Medien auf staatliche Informationen gibt. Das bedeute, dass Journalisten Informationen „nur unter der Hand“ bekämen. In der Schweiz sei ein Journalist wegen Anstiftung zum Geheimnisverrat angeklagt worden, weil er von einem Beamten Informationen haben wollte. In letzter Instanz wurde er dann doch freigesprochen. Auch Deutschland hat Nachholbedarf, was den gesetzlichen Zugang von Medien und Bürgern zu staatlichen Information betrifft. Überhaupt in nur vier Bundesländern – Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein – gebe es Informationszugangs- oder Akteneinsichtsgesetze, sagte Weberling. Diese ließen aber zu wünschen übrig. Größere Anfragen seien teuer und nähmen viel Zeit in Anspruch. Ein schnelles Zugriffsrecht für die Presse halte er für unerlässlich. |