Franziska Humbert: „Zensur“ bei Schülerzeitungen Drucken

Assessorin jur. Franziska Humbert, Berlin:

„Zensur“ bei Schülerzeitungen

Bei der Geltung des Zensurverbotes ist zwischen staatlichen und privaten Schulen zu unterscheiden.

Für staatliche Schulen gilt folgendes:

Schülerzeitungen sind in der Regel Druckerzeugnisse und erfüllen so den Rechtsbegriff der Presse. Daher gilt das Grundrecht der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG auch für Schülerzeitungen, die nur von Schülern ohne Beteiligung der Schule erarbeitet werden. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, dem absoluten Zensurverbot, folgt ein Verbot für die Schulverwaltung zur Zensur von Schülerzeitungen. Der Schüler kann nur zur aktiven Teilnahme an der öffentlichen Willensbildung erzogen werden, wenn er nicht befürchten muß, durch eine Äußerung in einer Schülerzeitung den späteren Berufsweg zu gefährden. (vgl. Löffler/Rickert, Handbuch des Presserechts, 4. Auflage, 11. Kapitel, Rn. 32). Unter dem Zensurverbot wird dabei nur die Vorzensur, d. h. einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Druckwerkes verstanden. Ferner liegt eine Zensur nur dann vor, wenn eine Inhaltsprüfung stattfindet (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Handbuch des Äußerungsrechts, 4. Auflage, Rn. 1.39).

Im Rahmen von Privatschulen ist dagegen folgendes zu beachten:

Das Zensurverbot richtet sich unmittelbar nur gegen den Staat, d. h. Maßnahmen der öffentlichen Gewalt (vgl. Löffler, Presserecht, 4. Auflage, § 1 LPG, Rn. 166). Die von Privatschulträgern ausgeübte Gewalt ist jedoch keine öffentliche Gewalt (vgl. Maunz-Dürig, Grundgesetz Kommentar, 7. Auflage, Art. 7, Rn. 90). Grundlage des Privatschulrechtsverhältnisses zwischen dem Privatschulträger einerseits und den Schülern andererseits ist der dem Privatrecht angehörende sogenannte „Beschulungsvertrag“ (vgl. Maunz – Dürig, Art. 7, Rn. 90). Daher findet in diesem Verhältnis grundsätzlich nur Zivilrecht Anwendung. Das in Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG statuierte Zensurverbot ist unmittelbar nicht anwendbar.

Jedoch wirkt das Zensurverbot mittelbar auch gegenüber Privaten. Denn das Zensurverbot wirkt wie alle Grundrechte auf das Privatrecht ein (vgl. Löffler, Presserecht, 4. Auflage, § 1 LPG, Rn. 167, a.A. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 1. 40). Im Rahmen der sogenannten „Einfallsklauseln“ des BGB, im Privatschulverhältnis etwa § 242 BGB, kann das Zensurverbot in der Weise Wirkung erlangen, als daß Beeinträchtigungen des Vertriebs von Presseerzeugnissen im Lichte der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1, S. 2 GG beurteilt werden müssen. Die Zensur wird dann umso schärfer beurteilt werden, je stärker die Maßnahmen eine der staatlichen Zensur vergleichbare allgemeine und und vorbeugende Kontrolle über den Zugang zur Bildung der öffentlichen Meinung bzw. der der Schule erhalten und dabei die Grenzen der Pressefreiheit überdehnen. Im Rahmen einer im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung ist zugunsten des Privatschulträgers dagegen die in Art. 7 Abs. 4 S. 1 GG verankerte Privatschulfreiheit zu beachten.

Im Ergebnis muß somit eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden, wobei das Zensurverbot dann eingreifen dürfte, wenn eine planmäßige generelle Kontrolle vor der Herstellung und Verbreitung der Schülerzeitungen stattfindet.