Auskunftspflicht einer Gemeinde gegenüber Journalisten Drucken

Am 13. August 2004 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München in zweiter Instanz im einstweiligen Anordnungsverfahren dem Auskunftsersuchen eines von der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Weberling, Berlin, vertretenen Mitarbeiters der Tageszeitung in Würzburg „Mainpost“ gegen die Gemeinde Markt Zell am Main bezüglich Neueinstellungen in der Gemeindeverwaltung sowie nichtöffentlicher Beschlüsse der Gemeinderatssitzung überwiegend stattgegeben (VGH München, Beschluß vom 13. August 2004 – 7 CE 04.1601).

Gegenstand des Verfahrens war ein schriftliches Auskunftsbegehren eines Pauschalisten der „Mainpost“ an den Bürgermeister der fränkischen Gemeinde Markt Zell, in dem dieser um die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu der Einstellung von Personal und der daraus erwachsenen Kosten bat. Ferner bat er um Mitteilung der in der nichtöffentlichen Sitzung des Marktgemeinderats vom 30. März 2004 gefaßten Beschlüsse. Nachdem seine Fragen von der Gemeinde nur zu einem geringen Teil beantwortet wurden, wiederholte der Mitarbeiter der „Mainpost“ seine Anfrage, erhielt jedoch auch in der Folgezeit keine hinreichenden Antworten.

Anfang Mai beantragte er daher beim Verwaltungsgericht Würzburg, die Gemeinde Markt Zell im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte diesen Antrag mangels Anordnungsanspruchs ab. Die Frage danach, wie viele und welche Neueinstellungen vorgenommen worden seien, habe die Gemeinde nach Ansicht des Gerichts beantwortet. Soweit Auskunft über die in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderates gefaßten Beschlüsse begehrt werde sowie nach der Zahl der Bewerbungen gefragt werde, stehe dem Auskunftsbegehren eine Verschwiegenheitspflicht entgegen, die sich aus Art. 52 Abs. 2 Satz 1 Bayerischer Gemeindeordnung (GO) ergebe. Gegen diese Entscheidung legte der Mitarbeiter der Mainpost Beschwerde ein.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München (VGH) entschied jetzt, daß dem Mainpost-Mitarbeiter die geltend gemachten Auskunftsansprüche gemäß Art. 4 BayPresseG überwiegend zustehen.

Nach Ansicht des VGH München darf eine Auskunft nach Art. 4 Abs. 2 Part 2 BayPresseG nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Darüber hinaus ist ein Auskunftsverweigerungsrecht im bayerischen Pressegesetz nicht vorgesehen.

Da die Zahl der Neueinstellungen und die besetzten Funktionen bei Gemeinden keinen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen und auch die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter der Gemeinden nicht durch die Bekanntgabe ihrer Namen anläßlich ihrer Einstellung verletzt werden, war nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall kein Grund ersichtlich, der Öffentlichkeit die Zahl der zur Erfüllung der öffentlichen Funktionen und die Namen der neu eingestellten Mitarbeiter vorzuenthalten. Ebensowenig geboten es schutzwürdige Interessen der Gemeinde oder der Bewerber, geheimzuhalten, wie viele Bewerbungen jeweils bei den einzelnen Neueinstellungen eingegangen sind.

Die beklagte Gemeinde konnte der begehrten Auskunfterteilung über Zahl und Namen der Neueinstellungen, die besetzten Funktionen und die Zahl der Bewerber auch nicht unter Berufung auf Art. 52 Abs. 2 GO widersprechen. Danach sind Sitzungen des Gemeinderats nichtöffentlich, soweit Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner einer öffentlichen Sitzung entgegenstehen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts bestünde jedoch selbst dann kein Auskunftsverweigerungsrecht der Gemeinde, wenn man davon ausginge, daß sämtliche Personalangelegenheiten vom Marktgemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden, da sich die genannten Anfragen nicht auf die Personalentscheidungen an sich, sondern auf allgemeine personalwirtschaftliche Aspekte, die keiner Geheimhaltung unterliegen, beziehen.

Nach Ansicht des Gerichts konnte der Mainpost-Mitarbeiter darüber hinaus Auskunft darüber beanspruchen, welche Beschlüsse in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats vom 30. März 2004 gefaßt wurden, da es für den presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht maßgeblich ist, ob ein Beschluß in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung gefaßt wurde. Die Vorschriften der Gemeindeordnung begründen insoweit keine Verschwiegenheitspflicht. Auf Seiten der Gemeinde der Gemeinde ist vielmehr eine Güterabwägung zwischen der Notwendigkeit der öffentlichen Information und den entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen notwendig. Bei einer Verweigerung der Auskunft sind zumindest die Versagungsgründe mitzuteilen. Dies ist im vorliegenden Fall hingegen nicht geschehen, so daß das Gericht einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen die Gemeinde Markt Zell ebenfalls bejaht hat.

Schließlich war nach Ansicht des Gerichts auch der Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Durchsetzung des Auskunftsanspruch notwendig, da die begehrten Auskünfte einen starken Aktualitätsbezug aufwiesen und ein Zuwarten auf eine Klärung der Angelegenheit im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar war.

Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München stellt eine erfreuliche Stärkung der journalistischen Informationsrechte gegenüber den Gemeinden dar. Sie macht deutlich, daß eine Verschleierung von Gemeinderatsbeschlüssen unter dem Mäntelchen der nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung nicht möglich ist. Hinsichtlich der Beurteilung eines Auskunftsbegehrens kommt es hingegen ausschließlich auf die stets vorzunehmende Güterabwägung zwischen der Notwendigkeit der öffentlichen Information und etwaigen entgegenstehenden Geheimhaltungsinteressen an. Bestehen diese nicht, ist die begehrte Auskunft zu erteilen.

Siehe hierzu auf unseren Seiten auch Beitrag „Information und Geheimhaltung. Anspruch von Ratsmitgliedern und Öffentlichkeit gegenüber Bürgermeister und Verwaltung“ .